VON ULM NACH KONSTANZ

In der Abenddämmerung des 26. 03. 2015 begann die dritte und damit letzte Etappe vor unserem großen Ziel. Wir trafen uns in unserer Schule, um dort mit der ersten Nacht gemeinsam zu starten. Gegen 4 Uhr morgens machten wir uns auf den Weg, durch das nächtliche Neuruppin, zum Bahnhof. Wir nahmen den Zug nach Berlin, um von dort aus mit dem ICE nach Ulm zu fahren. Unser erstes Ziel erreichten wir 8 Stunden später. Ausgeschlafen, gut gelaunt und voller Bewegungsdrang stiegen wir die insgesamt 768 Stufen auf den weltweit höchsten Kirchturm, dem Ulmer Münster, hinauf. So mancher befürchtete einen Muskelkater, bevor die Reise wirklich begann. Das nächste Ziel diesen Tages hieß Einsingen. Nach 12 zähen Kilometern hatten wir es erreicht und einen ereignisreichen Tag hinter uns gebracht.

Mit Sonnenschein starteten wir voll motiviert unsere Etappe nach Untersulmetingen. Es sollte ein schöner Tag werden. Bei fast wolkenlosem Himmel wurde es schnell sehr warm. Am Ende des Tages hatte fast jeder einen Sonnenbrand, da wir die Kraft der Sonne Anfang März unterschätzten. Wir trafen auf viele nette Leute, die es anscheinend gewöhnt waren, auf Pilger zu treffen. Mit Worten wie "Gott schütze Euch" oder "Grüßt mir den Jakobus" merkten wir schnell, wie nahe wir unserem Ziel schon waren, obwohl es noch 2500 Kilometer bis nach Santiago waren. Ein weiterer Unterschied war, dass wir im Erzkatholischen Raum unterwegs waren und daher auf viel gläubigere Leute trafen. Nach 23 Kilometern und der Donau-Überquerung kamen wir letzendlich an.

Wir brachen am dritten Tag auf nach Biberach. Das Wetter war viel schlechter geworden. Von der Temperatur her war es nun es optimales Pilgerwetter, nur leider hat es genieselt und es gab eine Orkanwarnung. Anfangs ging es noch, es wurde jedoch zunehmend windiger. Das schlimmste daran war, dass der Wind von vorn kam. Durch eine karge, wenig ansehnliche Landschaft liefen wir stundenlang. Es zog sich ewig hin. Allmählich wurde uns allen kalt und wir wollten bei Gegenwind nicht weiterlaufen. Zu unserem Pech kamen wir auch noch von der eigentlichen Route ab und mussten über einen vollkommen zerstörten Acker-Wald-Weg pilgern. Der Wind war inzwischen so stark geworden, dass eine Pilgerin von uns weggeweht wurde und in den Ackergraben fiel. Nichtsdestotrotz schafften wir auch das letzte Hindernis - bergauf zur Unterkunft, wo wir warten mussten, dass aufgeschlossen wird. Nach 26 harten Kilometern ruhten und wärmten wir uns auf.

Als wir am nächsten morgen aufwachten, sahen wir, dass es bereits regnete. Keiner hatte Lust loszulaufen, besonders weil wir wussten, dass es heute die längste Strecke werden wird. Da wir außerhalb der Stadt übernachteten und kein Bäcker in der Nähe war, mussten wir in die Stadt gehen und uns etwas zu Essen für jetzt und unterwegs kaufen. Bis wir dort waren, waren wir fast durchnässt. Wir weiteten unsere Pause auf eine Stunde aus und hofften in der Zeit zu trocknen und dass der Regen aufhört. Beides klappte. Gestärkt liefen wir weiter. Keine 5 Kilometer kamen wir bis es wieder anfing zu regnen. Die Temperatur war leider so geblieben, was bedeutete, dass wir froren. Selbst die Info, dass wir es hier warm hatten, weil es in Neuruppin schneite, konnte uns wenig erfreuen. Irgendwann hörte der Regen aber auch auf und wir trockneten irgendwie bis es wieder anfing zu regnen. Ungefähr bei der Hälfte spaltete die unsere Gruppe in den "harten Kern", der sich an den Originalweg hielt und einen "weichen Kern", der einen vermeintlich kürzeren Weg laufen wollte. Der sogenannte harte Kern lief zu der im Reiseführer angepriesenen schönsten Dorfkirche weltweit, wobei dies vielleicht ein wenig übertrieben war. Beide Gruppen standen in regelmäßigem Kontakt via Handy und neckten sich gegenseitig mit Fotos von Sonnenschein, Kirchen und besonders schönen Landschaften. Letzendlich hatten beide Gruppen Glück mit dem Wetter. Von hohen Standpunkten aus konnten wir Wolken und Starkregen rings um uns sehen. Den Wettlauf nach Bad Waldsee gewann übrigens der harte Kern, der eine Abkürzung nahm und insgesamt weniger lief. Wer nun der "wahre harte Kern" ist, können Sie entscheiden. Nach langen Diskussionen, wer nun gewonnen hätte, kamen wir zu keinem Ergebnis. Wir freuten uns nach 31 bzw 34 Kilometern auf den folgenden Ruhetag.

Den Ruhetag verbrachten wir gemeinsam. Am Vormittag hatten wir eine Führung durch den Kurort Bad Waldsee. Danach gingen die meisten in ein Restaurant, andere kauften sich Zutaten um für sich zu kochen. Danach ging es für fast alle in die Therme, in der sie die wohlverdiente Erholung genossen. Der Tag klang beim Kartenspielen in der Herberge aus.

Wieder einigermaßen bei Kräften starteten wir am Mittwoch nach Ravensburg. Das Wetter ließ zu wünschen übrig, denn es schneite und stürmte. Im Laufe des Tages wurde es jedoch besser. Zwischendurch wurde es sogar fast wieder so warm, wie am ersten Tag unserer Reise. Wir kamen durch viele Wälder und hatten auf einer Erhebung einen besonders schönen Blick über die Region. Dort sahen wir unter anderem, dass wir dem stärksten Regen entkommen sind. Wir trafen auf viele nette Leute, die wir aufgrund des sehr fremdartigen Dialektes jedoch nicht verstanden. In Ravensburg angekommen, suchten wir eine Einkaufsmöglichkeit für unser Abendessen. Wir fanden eine, die jedoch so weit weg von unserer Unterkunft war, das wir eine Gruppe mit den Einkäufen per Bus vorschicken mussten, weil es sehr umständlich war, unser Essen zu tragen. Die andere Gruppe lief die übrigen Kilometer. In der Dämmerung waren wir nach 31 Kilometern wieder vollständig.

Als wir am Folgetag in Ravensburg aufbrachen, regnete es. Wir fuhren mit dem Bus in die Innenstadt, um uns die historische Altstadt anzuschauen. Durch den Regen waren die meisten jedoch in einem Café, Buchladen oder in einer Kirche. Als wir losliefen war der Regen erträglich geworden. Wir wussten, dass es nur noch kurze Etappen waren, die wir bewältigen mussten. Es ging durch einen Wald, in dem wir relativ geschützt vor dem immer wieder aufkommenden Regen waren. Kurz vor dem Ziel auf freiem Feld fing es an in Strömen zu regnen. Nach 5 Minuten war jeder bis auf die Haut durchnässt. Wir erinnerten uns an den ersten Tag der Herbstpilgerreise. Nach 15 Kilometern kamen wir schließlich im Trockenen in Brochenzell bei Meckenbeuren an. Die Frau, die Chef über unsere Herberge war, war so nett, uns zu dem nächstgelegenen Einkaufsladen zu fahren, nachdem wir trockene Sachen anhatten.

Am Karfreitag ging es bei strahlendem Sonnenschein und warmen Temperaturen erst sehr spät los. Wir ließen uns Zeit an diesem "Feiertag". Nachdem auch die kleinsten Differenzen in der Gruppe geklärt waren, machten wir uns auf den Weg nach Markdorf. Wir hatten an diesem Tag ebenfalls nur eine geringe Kilometerzahl vor uns. Durch einen matschigen Waldweg ging es zuerst. Weil jeder darauf bedacht war, in diesem Schlamm nicht auszurutschen, die Schuhe nicht zu verlieren oder sich nicht an den umgestürzten Bäumen den Kopf zu stoßen, kamen wir von unserer Route ab. Irgendwann stießen wir auf eine Lichtung, von der aus wir den schönsten Blick der Reise auf die Alpen hatten. Wahrscheinlich sollten wir vom Weg abkommen... Wir kamen wieder zurück auf unseren Weg. 3 Kilometer vor Markdorf ging der Pilgerweg einen Umweg über einen Berg. Der "harte Kern" ging diesen Weg, die andere Hälfte der Gruppe nahm den direkten Weg per Straße nach Markdorf. Letzendlich war der Umweg über den Berg wieder kein Umweg und der "harte Kern" hatte einen grandiosen Blick auf den Bodensee, sodass es wieder zu Zwistigkeiten kam. Nach 17 Kilometern waren alle in Markdorf angekommen. Der dortige Pfarrer war so nett, am Vortag schon für uns einzukaufen. Karfreitag hatte schließlich kein Laden auf. Wir bekamen vor der ansässigen Gemeinde sogar eine kleine Spende für unsere Pilgerkasse. Vielen herzlichen Dank nochmal dafür!

Nachdem wir noch ein Foto für die Gemeinde gemacht haben, gingen wir los. Mal wieder im Regen... Es ging nach Meersburg, von wo aus wir die Fähre über den Bodensee nahmen. Auf der 15-minütigen Fahrt auf der Fähre konnten wir nur geringfügig trocknen. Nach 4 Kilometern Fußmarsch kamen wir bei unserer Herberge an. Endlich am Ziel. Das dachten wir jedenfalls, bis wir bemerkten, dass abgeschlossen war. Eine Stunde lang mussten wir warten und frieren. Wir gingen in die nächste Kirche um uns dort bei ein paar Liedern die Zeit zu vertreiben. Wir konnten uns auch ein wenig an den Gedenkkerzen wärmen. Die Leute schauten uns merkwürdig an, aber das störte uns nicht. Wir waren so gut drauf, weil wir auch diese Tour mit ungefähr 180 Kilometern geschafft hatten. Die Osternacht verbrachten wir wie üblich mit einer Lichternacht. Ab 22:00 bis morgens um 6 stündlich für eine halbe Stunde Andacht feiern. Die Zwischenzeit verbrachten wir mit Spielen, Gesprächen und der "harte Kern" mit Schlafen... Malina und Charlotte haben in der Nacht ein leckeres Osterbrot gebacken, über das wir uns am Ostersonntagmorgen freuten. Mit Osterbrot und Ostereiern gestärkt, ging es zum Bodensee um dort ein Abschlussfoto zu machen. Von Konstanz aus ging es mit verschiedenen Bahnen zurück nach Neuruppin. Ungefähr 19:00 Uhr kamen wir wieder in der Heimat an. Bestens vorbereitet kann der Jakobsweg im September kommen!